25 Jahre ZNR

Im Jahr 2003 vollendet die ZNR das erste Vierteljahrhundert ihres Bestehens. Sie hat sich in dieser Zeit als feste Größe in der deutschsprachigen Rechtsgeschichtswissenschaft etabliert und erreicht heute einen weiten Leserkreis in Europa und außerhalb Europas vor allem in Fernost und Amerika. Das Programm der ZNR bestand von Anfang an darin, die neuzeitliche Rechtsgeschichte des deutschsprachigen Raums zu umfassen, mit ihren Ausstrahlungen auf andere Länder, aber auch mit den Einwirkungen, die von außerhalb gekommen sind. An diesem Programm hat sich nichts geändert. Aber es haben sich die Schwerpunkte zeitlich und sachlich verschoben. Die rechtshistorische Wissenschaft hat heute die Zeit des Nationalsozialismus in einer Breite und Tiefe aufgearbeitet, wie man es vor fünfundzwanzig Jahren wohl nicht voraussehen konnte. Die Rechtsgeschichte der Deutschen Demokratischen Republik ist als neues Forschungsgebiet hinzugekommen. Neue Sachgebiete wie das Kolonialrecht und neue Forschungsgebiete wie die Rechtsethnologie haben sich entwickelt. Neben der traditionell dominierenden Privatrechts- und Verfassungsgeschichte haben die Strafrechts- und Kriminalitätsgeschichte, die Geschichte des Naturrechts sowie der juristischen und historischen Methoden zunehmend an Bedeutung gewonnen. Auch innerhalb der einzelnen historischen Disziplinen sind Verschiebungen zu beobachten; so nimmt sich heute die allgemeine Geschichtswissenschaft zunehmend gleichfalls der neuzeitlichen Rechtsgeschichte an. Die ZNR versteht sich weiterhin als ein unvoreingenommenes Forum, das für jede rechtshistorische Forschung von Niveau offen ist, und allen diesen neuen, aber auch den traditionellen Forschungsansätzen Raum gibt.

Die Redaktion einer Zeitschrift bildet ein Observatorium, das bei sensibler Handhabung zum Indikator stattfindender Entwicklungen werden kann: Weil es Signale registriert und weitergibt. Da diese Beobachtungen nun bereits fünfundzwanzig Jahre erfassen, scheinen sie besonders aussagereich:Dies vor allem dort, wo sie Handlungen gegenüber dem Bild ersichtlich machen, das im ersten „Vorwort der Herausgeber“ von 1979 umrissen wurde. Einiges aus diesem Programm hat sich bestätigt bzw ist einfach eingehalten worden – so namentlich die Betrachtung der modernen, dh geltenden Rechtsordnung als Bezugsfeld, mit welchem die akademische Aufgabe des Faches steht und fällt, weil nur so auszubildenden Juristen die Geschichtlichkeit des Rechts beigebracht werden kann. Andere Anliegen treten heute mit stärkerer Intensität als damals vermutet auf – etwa die Öffnung gegenüber der allgemeinen Geschichtswissenschaft und deren einzelnen Bereichen, Methoden und Anregungen – oder werden durch eine Neuorientierung ergänzt bzw beinahe verdrängt, die vor fünfundzwanzig Jahren unmöglich vorausgesehen werden konnte. Dazu gehört etwa die thematische und zeitliche Verlagerung, welche der Rechtsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, ja eigentlich sogar der zeitgenössischen Perspektive, einen immer grösseren Raum einräumt. Sie ist durch die politischen Umwälzungen der frühen neunziger Jahre im europäischen Raum mitverursacht worden und wird auch künftig gehörig berücksichtigt werden. Doch sollen dadurch die Jahrhunderte der frühen Neuzeit und die lange Agonie des Ancien Régimes nicht in Vergessenheit geraten, deren Erforschung eines der ursprünglichen Anliegen der Zeitschrift gewesen ist

Der Dank für diese fünfundzwanzig Jahrgänge gebührt zunächst den Autoren der Beiträge, der Forschungs-, Literatur- und Länderberichte, der Diskussionen und Rezensionen. Sie haben – immer im Kampf mit den Kürzungs- und Änderungswünschen der Herausgeber (bei denen jedes Manuskript umläuft und meist auch besprochen wird) – den Rahmen des ZNR-Programms mit ihren Forschungsergebnissen und Forschungsberichten erst ausgefüllt und die ZNR zu dem gemacht, was sie heute ist. Zu danken haben wir weiters einer Reihe von Mitarbeitern. Für die verantwortungsvolle und mühsame Redaktionsarbeit in Wien ist heute Frau Dr. Elisabeth Berger verantwortlich. Herr Norbert R. Machheit bereitet nun schon seit vielen Jahren die Grundlagen für die Auswahl der zu rezensierenden Bücher vor. Fest etabliert ist inzwischen die von Herrn Dr. Ernst Holthöfer in eigener Verantwortung erarbeitete „Zeitschriftenschau“. Dem Manz-Verlag sind wir dankbar für die seit 1979 bewährte Zusammenarbeit, für die nun Frau Mag. Doris Pummer verantwortlich zeichnet.

Der Herausgeberkreis hat sich in dem vergangenen Vierteljahrhundert erheblich verändert. Von den fünf Gründungsherausgebern, welche die Mühen der Kinder- und Jugendjahre der ZNR mitgetragen haben, sind Bernhard Diestelkamp 1992, Dietmar Willoweit 1997 und Clausdieter Schott 2000 ausgeschieden. Ihre großen Verdienste um den Aufbau unserer Zeitschrift bleiben unvergessen. An ihre Stelle sind Reiner Schulze, Diethelm Klippel und Jan Schröder getreten, die auch weiterhin eine freundschaftliche und wirkungsvolle Zusammenarbeit der Herausgeberschaft gewährleisten.

Eine Zeitschrift wäre nichts ohne ihre Leser. Wir sind unseren Lesern dankbar, die der ZNR die Treue gehalten haben, wir freuen uns über diejenigen, die neu hinzugekommen sind und noch hinzukommen werden, und wir wissen uns ihnen allen verpflichtet in dem Bemühen, die erfolgreiche fünfundzwanzig-jährige Tradition der ZNR in Zukunft fortzusetzen.

Herbst 2003
Die Herausgeber